Ja, Nachtwachen müssen gegen ihren Biorhythmus arbeiten. Aber das ist längst nicht alles: Nachtwachen sind auf der Station im Krankenhaus oder im Pflegeheim bei allen Entscheidungen häufig allein auf sich gestellt. Daraus resultiert eine permanente Angst vor Fehlern, die als besonders belastend erlebt wird und zu Hause im Bett zum Grübeln verleitet. Die Belastungen hören jedoch zu Hause nicht auf. Befragungen von Pflegemitarbeiterinnen zeigen, dass viele Nachtwachen tagsüber keine oder nur sehr kurze Ruhepause zur Verfügung haben, weil für sie unmittelbar die nächste, private Schicht beginnt: Kinderbetreuung, Kochen, Einkaufen, vielfach auch die Unterstützung abhängiger Familienmitglieder. „Das Pensum, das sie bei dieser Doppel- und Dreifachbelastung bewältigen müssen, führt sie an die Grenze der Belastbarkeit und geht auf Dauer zu Lasten ihrer Gesundheit“, sagt Vjenka Garms-Homolová, die als Professorin für Gesundheitsmanagement am Insomnia-Projekt der Alice Salomon Hochschule beteiligt war.
Ohne feste Ordnung geht es nicht
Versuchen Sie es deshalb: Lassen Sie sich gehen, vergessen Sie ihre Pflichten, Waschmaschine laden, Aufräumen et cetera. Denn es ist wichtig, sich nach der Nachtschicht bald hinzulegen und auszuschlafen. „Nicht nur für Ältere, für alle Pflegemitarbeiterinnen ist eine feste Ordnung unverzichtbar. Denn das Einschlafen und Durchschlafen sind zum großen Teil habitueller, also gewohnheitsmäßiger Natur“, sagt Vjenka Garms-Homolová, Bei fehlender Ordnung würden Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen buchstäblich „erlernt“. Die Autorin des Buches „Schlaf- und Wachstörungen bei alten Menschen“ empfiehlt einen individuellen, aber festen Rhythmus aufzubauen und einzuhalten. „Das verbessert die Schlafqualität und die Zufriedenheit mit dem Schlaf, die eine herausragende Bedeutung haben.“
Nicht krampfhaft versuchen einzuschlafen
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Ganz wichtig: Wer unter Durchschlafproblemen leidet, soll sich nicht unnötig im Bett wälzen, sondern lieber aufstehen und erst wieder ins Bett gehen, wenn eine wirkliche Müdigkeit zurückkehrt. „Durch krampfhafte und nicht erfolgreiche Bemühungen um das Einschlafen entsteht eine Angst vor der Einschlafsituation. Diese Angst verstärkt sich an darauf folgenden Tagen und verhindert den Aufbau natürlicher Einschlafgewohnheiten. Irgendwann sind Sie darauf konditioniert, ein Mensch mit Einschlafstörungen zu sein“, sagt Vjenka Garms-Homolová, die momentan als Senior Research Expert an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin arbeitet.
Arbeitgeber sollte individuelle Lösungen zulassen
Die diplomierte Psychologin rät dazu, die Abfolge der Nachtdienste an den individuellen Biorhythmus und Schlafbedarf sowie an die individuelle Familiensituation anzupassen: „Diese müssten bei der Schichtplanung im Team eine größere Rolle spielen, als es bisher der Fall ist. Nicht nur die betriebliche Situation, sondern auch die individuellen Bedürfnisse und Dispositionen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen berücksichtigt werden, weil sie für die Leistungsfähigkeit ausschlaggebend sind.“ Ganz allgemein gilt die Regel: höchstens vier Nachtdiensten am Stück mit mindestens zwei anschließenden freien Tagen. Die Schichten sollten im Uhrzeigersinn schnell vorwärts rotieren, sprich Früh-, Spät- und Nachtdienst. Das verkraftet der Körper besser als einen wöchentlichen Schichtwechsel.
Tipps für einen guten Schlaf
Nach einem Nachtdienst ist es oft schwer, den Stresslevel herunterzufahren. Kleine Rituale können helfen, abzuschalten und in den Schlaf zu finden:
Lesen Sie noch ein paar Seiten eines Buches
Hören Sie beruhigende Musik - auch das Hören von "Weißem Rauschen" kann entspannend sein, weil es gleichmäßig in einem Frequenzen-Spektrum bleibt und Umgebungsgeräusche ausblendet.
Trinken Sie eine Tasse heiße Milch mit Honig
Gönnen Sie sich ein warmes Bad
Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre im Schlafzimmer: Der Raum sollte vor Lärm und Licht geschützt, 18 bis 20 Grad warm und gut gelüftet sein.
Geduld bei Baldrian und Hopfen
Bei Unruhezuständen oder nervös bedingten Einschlafstörungen haben sich pflanzliche Mittel aus Baldrian, Hopfen, Melisse oder Lavendel bewährt. Bis ihre schlaffördernde Wirkung eintritt, dauert es aber einige Tage. Besonders belastende Situationen erlauben zur Not auch chemische Schlaftabletten. Diese sollten aber immer ärztlich verordnet und nur als Überbrückung genommen werden.
Autorin: Julia Maier
Arbeiten Sie als Nachtwache? Dann lesen Sie hier, wie Sie sich fit halten können:
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