Die Berliner CDU-Fraktion ist hartnäckig: In den vergangenen Jahren hat sich immer wieder Vorstöße unternommen ein Gesetz zur Errichtung einer Pflegekammer ins Abgeordnetenhaus einzubringen. Bislang erfolglos. Obgleich sich in einer Umfrage 2014 unter Pflegekräften rund 59 Prozent für eine Pflegekammer ausgesprochen haben. Der SPD-geführte Senat konnte sich damals für die Idee nicht erwärmen. Immerhin: Die frühere SPD-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci zeigt sich laut Tagesspiegel „für eine Debatte über die Kammer offen“. Grundsätzlich für eine Kammer sind auch die Grünen (wie in fast allen Bundesländern). doch das sind nicht die einzigen Gründe, weshalb Christian Gräff (CDU), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, zuversichtlich ist, dass der Gesetzesentwurf für die Einführung einer Pflegekammer im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit und bei einem Großteil der Berliner Pflegekräfte Zustimmung findet.
pflegen-online: Warum machen Sie sich für eine Pflegekammer stark?
Christian Gräff: Ich glaube, dass wir aus zwei wesentlichen Gründen die Pflegeberufekammer brauchen: mit Abstand der wichtigere ist, dass möglichst viele Beschäftigte in der Pflege eine Stimme und Vertretung brauchen. Diese haben sie bisher nicht, was absolut unverständlich ist, wenn man den Stellenwert für die Gesellschaft dieser Berufsgruppe betrachtet.
Der zweite Grund ist die Organisation der Aus- und Weiterbildung, die so bestmöglich und praxisnah organisiert werden kann.
Was lässt Sie an der Idee einer Pflegekammer festhalten, nachdem in Schleswig-Holstein und Niedersachsen die Pflegekammern gescheitert sind? Fürchten Sie nicht ein ähnliches Desaster? Proteste, Weigerung, Beiträge zu zahlen etc.?
Die Frage ist nicht ob man etwas macht, sondern wie. Nach der Corona Pandemie hat sich die Sicht der Bevölkerung und der Beschäftigten und deren berechtigten Anliegen noch einmal sehr verändert.
Wie erklären Sie sich die starken Proteste gegen die Pflegekammer?
Das Wort stark ist ein sehr starkes Wort. Meine Wahrnehmung ist eine andere. Es gibt viele Fragen zu den bestehenden Modellversuchen. Die Ärztekammern in Deutschland ist über 70 Jahre alt, ganz sicher wird es auch bei der Gründung der Pflegeberufekammern Herausforderungen geben. Die Herausforderungen für die Beschäftigten in der Pflege und Deutschland insgesamt bei der Gesundheitspolitik allerdings sind um viel größer und die Mühe wert.
Was müsste bei der Etablierung der Kammer bedacht werden, damit sie nicht scheitert?
Ich denke vor allem müsste das Land Berlin sie mit finanziellen Mittel ausstatten, um einen guten Start zu ermöglichen. Außerdem müsste man die Ziele der Kammer in der Breite der Beschäftigten, also bei wirklich allen Mitarbeitern kommunizieren.
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Wenn alles gut läuft: Wie würde der Fahrplan für die Pflegekammer in Berlin aussehen? Wann würde es die erste konstituierende Sitzung der Vertreterversammlung geben, der Vorstand gewählt werden?
Wenn das Gesetz Anfang nächsten Jahres beschließen würden, könnte sicher zum Anfang 2024 eine Kammer gegründet werden, dafür haben wir ja alle Bestandteile der Gründung ebenfalls mit im Gesetz verankert. Ich denke 2025 könnte dann ein regulärer Vorstand gewählt werden.
Interview: Kirsten Gaede