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Hannover

Niedersachsen

Beitragsfreie Pflegekammer – was heißt das genau?

Die Pflegekammer Niedersachsen wird künftig aus Steuergeldern finanziert. Die Pflichtmitgliedschaft bleibt bestehen

Der SPD-Landtagsfraktion steht wie den anderen Fraktionen auch ein bestimmtes Haushaltsvolumen zu, das sie für eigene Akzente nutzen darf. Dieses beträgt 106 Millionen Euro. 6 Millionen Euro davon plant sie jährlich zur vollständigen Beitragsfreiheit der Pflegekammerbeiträge zu verwenden. Das Landesparlament hat diesem Vorhaben Dienstagabend (26. November 2019) zugestimmt.

Ziel sei auch, bereits geleistete Beiträge an die Mitglieder zurückzuerstatten, heißt es bei der SPD-Fraktion. Das Verfahren, in welchem zeitlichen Rahmen die Rückerstattung erfolge, befinde sich derzeit im Klärungsstatus und stehe noch nicht fest. „Es müssen viele Kleinstbeiträge aufaddiert werden und das bei über 60.000 Mitgliedern“, sagt Pressesprecher Jan-Niklas Hartge gegenüber pflegen-online.

Bayern soll kein Vorbild sein

Auch wenn einige Akteure der Pflegebranche wie der bpa (Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste) jetzt schon Vergleiche mit dem Bayerischen Modell ziehen – die Pflichtmitgliedschaft wird bestehen bleiben, betont Hartge. In der „Vereinigung der Pflegenden in Bayern“, ebenfalls eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ist die Mitgliedschaft freiwillig, bisher sind rund 1.000 examinierte Pflegekräfte beigetreten.

Der Kammer-Status bleibt definitiv

Die Pflichtmitgliedschaft ist für die Pflegekammer Voraussetzung, um den Status „Kammer“ zu erhalten. „Für uns ist klar, dass eine Pflegekammer mit derzeit circa 60.000 Pflichtmitgliedern eine stärkere Interessenvertretung ist und stärker für Verbesserungen in der Pflege einstehen kann als eine freiwillige Vereinigung von 1.000 Mitgliedern. Die Pflegekammer kann im Rahmen ihrer politischen Gestaltungsfähigkeiten sich in Gesetzgebungsverfahren einbringen und beispielsweise in der Enquetekommission zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Niedersachsen oder etwa im Krankenhausplanungsaussschuss aktiv mitwirken“, sagt Hartge.

SPD-Landtagsfraktion bereut fehlende Anschubfinanzierung

Über das Motiv für die Entscheidung, die Pflegekammer künftig aus Steuergeldern zu finanzieren sagt die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Johanne Modder, in einem Pressestatement: „Wir verstehen die Unzufriedenheit der niedersächsischen Pflegekräfte. Wir müssen einräumen, dass es ein Fehler war, die Pflegekammer in Niedersachsen bei ihrer Einrichtung nicht mit einer Anschubfinanzierung zu unterstützen und so eine größere Akzeptanz zu erreichen.“

Kritik aus Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz

Die Pflegeberufekammer in Schleswig-Holstein sieht die Steuerfinanzierung kritisch. Eine Pflegekammer könne „langfristig nur dann eine starke und eigenständige Vertretung der Pflegefachpersonen sein, wenn sie auch Haushaltssouveränität besitzt.“ Weiter heißt es in dem Pressestatement: „Das Aufgabenspektrum und der Handlungsspielraum der Kammer dürfen in keiner Weise eingeschränkt werden. Eine zeitlich befristete Anschubfinanzierung ist richtig. Eine dauerhafte staatliche Finanzierung ginge mit einer Abhängigkeit und dem Verlust der Souveränität für die Pflegekammer einher – und das geht mit einer unabhängigen Interessenvertretung nicht zusammen.“

Markus Mai: Politik darf sich Intereessenvertretung nicht erkaufen

Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz zielt mit seinem Kommentar in die gleiche Richtung: „Eine nachhaltige Beitragsfinanzierung aus öffentlichen Mitteln nach Gutdünken der verantwortlichen Politiker ist zwingend zu vermeiden! Ansonsten werden die beruflich Pflegenden künftig in Niedersachsen mit einer Stimme sprechen müssen, die ihre Interessen nicht wiedergibt. Die Anschubfinanzierung darf nicht bedeuten, dass sich die Politik eben mal die Interessenvertretung der professionell Pflegenden in einem Bundesland erkauft. Die Idee der Unabhängigkeit wird damit begraben, die politischen Entscheidungsträger stellen wie zuvor ihre Interessen über die der Berufsgruppe der Pflegenden.“

Text: Kirsten Gaede

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