Mobbing ist ein Thema, mit dem fast jede Stationsleitung und Wohnbereichsleitung früher oder später zu tun haben wird. Leider. Denn Mobbing scheint im Pflegeberuf besonders häufig vorzukommen, wie eine Reihe von Befragungen nahelegt. Durch klare Haltung aber und eine kluge Strategie können Stationsleitungen den Schaden für die gemobbte Mitarbeiterin und das gesamte Team in Grenzen halten.
1. Tipp: Warnsignale wahrnehmen
Betrachten Sie Mobbing in Ihrem Team nicht als Kavaliersdelikt: Wer mobbt, will vernichten. Der Betroffene soll isoliert, persönlich und fachlich infrage gestellt und in vielen Fällen aus dem Job getrieben werden. Werden Sie daher hellhörig, wenn jemand aus Ihrem Team scheinbar unerklärliche Veränderungen in seinem Wesen und Verhalten zeigt.
Achten Sie auf diese Alarmzeichen:
- Sinkt die Leistungskurve des Mitarbeiters, macht er mehr Fehler, ist er weniger zuverlässig als früher, geht er Aufgaben aus dem Weg oder meldet er sich häufiger krank?
- Wirkt er ungewohnt gereizt, nervös, unsicher oder niedergeschlagen?
- Reagiert er übertrieben emotional und heftig auf berechtigte Kritik?
- Erscheint er Ihnen zunehmend misstrauisch, fahrig, unkonzentriert, vergesslich oder auch seltsam unbeteiligt?
Hinter solchen Symptomen steht nicht zwangsläufig ein Mobbingprozess – nachgehen müssen Sie ihnen im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht aber immer. Und: Behalten Sie auch im Blick, ob einzelne Mitarbeiter versuchen, das Team zu dominieren und sich eine ungerechtfertigte Machtposition aufzubauen.
2. Tipp: Dem Mobbingverdacht nachgehen
Haben Sie den Verdacht, eine Mitarbeiterin (oder Mitarbeiter) könnte gemobbt werden, führen Sie mit ihr ein klärendes Erstgespräch. Haken Sie nach und hören Sie zu, ohne zu werten. Möglicherweise berichtet sie darüber, dass
- ihr Informationen vorenthalten werden
- sie absichtlich falsch informiert wird von Kollegen
- Sie schlecht gemacht wird vor anderen
- Lügen über sie verbreitet werden
- Kollegen Situationen kreieren, in denen sie ins offene Messer rennt
- sie sozial isoliert wird
„Sollten solche Verhaltensweisen beschrieben werden, sind dies typische Zeichen einer Mobbingsituation“, sagt Susanne Vathke, Coach und Autorin des Buches Mitarbeiterführung in der Altenpflege. Rituale & Strategien für Ihren Führungsalltag. Warum Sie nur 2 x 30 Min. pro Tag brauchen.
3. Tipp: Von Experten unterstützen lassen
Bestätigt sich im Gespräch mit dem Mitarbeiter Ihr Mobbingverdacht, scheuen Sie sich nicht, andere zurate zu ziehen. Besprechen Sie sich mit Kollegen auf Führungsebene und finden Sie heraus, wer in Ihrem Haus für Fragen des gesetzlichen Arbeitsschutzes zuständig ist. Mobbingsituationen sind komplex – um sie zu lösen, ist es völlig legitim und kein Zeichen von Schwäche, Experten ins Boot zu holen. Ansprechpartner können etwa der betriebsmedizinische Dienst, die betriebliche Sozialberatung, ein interner Mobbingbeauftragter oder Mediator sein.
[Manchmal sind es sogar diejenigen Mitarbeiter Mobbing-Ziele, die besonders gut arbeiten, wie die Altenpflegerin und Autorin Eva Ohlert („Albtraum Pflegeheim“) im Interview mit pflegen-online berichtet.]
4. Tipp: Bei Diskriminierung sofort abmahnen
„Erfahren Sie von einer Diskriminierung – also einer Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität – gilt hingegen: sofort abmahnen“, betont Dr. Margit Böhme, Juristin und Autorin des Buches „Mobbing. So wehren Sie sich gegen Anfeindungen im Job“. „In diesem Fall darf dem Täter in keiner Weise signalisiert werden, dass man Milde walten lässt. Falls danach noch einmal etwas Vergleichbares stattfindet: Kündigung. Gerade wenn es in Richtung Diskriminierung geht, muss der Arbeitgeber sofort reagieren. Hier handelt es sich um einen eindeutigen Gesetzesverstoß.“
5. Tipp: Mobbing durch Teambesprechungen vorbeugen
Bei ihren Kunden in der Altenpflege seien Teambesprechungen aus gutem Grund mittlerweile Pflicht, sagt Vathke. Solche Sitzungen seien wesentlich, um das Klima im Team steuern zu können – und Mobbing vorzubeugen. Sich hierfür Zeit zu nehmen, zahle sich grundsätzlich aus. Dabei gelte:
- Den Blick auf das zu richten, was zusammen geschaffen wurde. Anerkennung für das gesamte Team schafft Gemeinsamkeit, belohnen Sie keine Alleingänge.
- Teilen Sie Beobachtungen neutral und ohne Namensnennung mit und beziehen Sie dazu Stellung. Haben Sie von Gerüchten gehört? Diese gehören auf den Tisch und sollten von Ihnen kommentiert werden.
- Teamregeln helfen, Orientierung zu geben. Stimmen Sie diese Regeln gemeinsam ab und formulieren Sie Ihre Leitsätze möglichst positiv, Eine Teamregel kann z. B. lauten, miteinander und nicht übereinander zu reden.
[Hat Mobbing in der Pflege seit der Corona-Pandemie abgenommen oder doch eher zugenommen? Lesen Sie dazu unseren Artikel Gedeiht Mobbing in der Pflege besonders gut?]
6. Tipp: Mobbing als Thema auf die Agenda setzen
„Nutzen Sie Teambesprechungen auch, um Ihr Vorgehen und Ihre Haltung zum Thema Mobbing ganz grundsätzlich zu erläutern“, rät Vathke. Auf diesem Weg erreichen Sie alle Mitarbeiter und können
- den Begriff Mobbing für jeden eindeutig definieren
- sich als Ansprechpartner positionieren,
- auf juristische Schritte wie eine Abmahnung oder sogar Kündigung hinweisen, die bei Diskriminierung und eventuell auch Mobbing drohen,
- und damit klarstellen: Mobbing ist kein Spaß, sondern hat Folgen.
Autorin: lin