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Foto: Maren Schlenker

Intensivpflege

Am 1. Tag raus aus dem Bett – gerade auf Intensiv!    

Die Fachgesellschaften (AWMF) empfehlen ausdrücklich Frühmobilisation – auch für Intensivpatienten, auch für beatmete Patienten. Wie es funktioniert, zeigt das Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf       

Herr K., 55 Jahre alt und beatmet, läuft ein paar Schritte über den Flur der Intensivstation. Auf der Intensivstation des Florence-Nightingale-Krankenhauses der Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf ist ein interdisziplinäres Team dabei, einen Patienten früh zu mobilisieren. Wie bitte? Ja, sicher: Frühmobilisation auf der Intensivstation. Die Devise „Raus aus dem Bett“ gilt für alle immobilisierten Patienten. Für das Team gehört die Frühmobilisation zur Delirprävention. „Die Zahlen sind verheerend: Ja nach Studienlage ist die Inzidenz für ein Delir mit bis zu 80 Prozent der beatmeten Patienten angegeben“, so Stefan Sniatecki (Foto unten), Pflegeexperte APN Intensivpflege, in Düsseldorf. „Das kann man ja guten Gewissens nicht akzeptieren!“ Es ist  unbestritten: Um einem Delir vorzubeugen oder ihm zu begegnen, eignen sich pflegerische und nicht-medikamentöse Maßnahmen sehr viel besser als Medikamente.

Frühe Mobilisation verkürzt Weaning und verbessert Kognition 

Weitere Vorteile der Frühmobilisation sind:

  • geringere Mortalität
  • kürzerer Aufenthalt in der Klinik
  • bessere Kognition und Koordination
  • verkürztes Weaning
  • weniger Komplikationen wie Pneumonie, Thrombose et cetera

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Frühmobilisation fördert also die Genesung und spart außerdem Zeit und Geld. Die S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) empfiehlt ausdrücklich, mit dem Konzept früher Mobilisation zu arbeiten.  

Frühmobilisation am besten innerhalb der ersten 24 Stunden

„Wir haben zunächst geschaut, wie wir die Klientel identifizieren können, die in einem Delir von der Mobilisation profitiert“ erklärt Sniatecki. Hintergrund: Hyperaktive Delirien sind leicht zu erkennen (diese Patienten sind unruhig und laut), hypoaktive Delirien sind es nicht (diese Patienten sind zurückgezogen, apathisch). Weiter klärten sie, welche Assessments für Sedierungsgrad und Schmerz sich eigneten. Darüber hinaus haben die Düsseldorfer die Empfehlungen der Leitlinie für die Intensivstation angepasst. Diese besagt unter anderem, die Mobilisation solle innerhalb der ersten 72 Stunden stattfinden. „Drei Tage ist ein zu langer Zeitraum für uns. Möglicherweise haben wir viele Patienten dann schon verlegt oder die Mobilisationsmaßnahmen sind schon zu spät“, sagt Sniatecki. „Unser Ziel lautet: Die Mobilisation soll möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden erfolgen.“

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Frühmobilisation so aktiv wie möglich

Die Pflegefachkräfte der Intensivstation arbeiten eng mit der Physiotherapie zusammen und besprechen die nächsten Mobilisationsschritte. Auch für die Frühmobilisation gilt: Möglichst schnell aktiv bewegen – also etwa über den Stand mit ein paar Schritten ins Sitzen mobilisieren. „Unser Ziel ist immer: Die Patienten möglichst sicher und lange aus dem Bett herauszukommen. Dies kann nur wenige Minuten andauern, aber auch mehrere Stunden,“ sagt Sniatecki. Das klappt auch mit Intensivpatienten: Infusionsschläuche lassen sich verlängern und die der Beatmung auch. Die Düsseldorfer arbeiten teils mit Heimbeatmungsgeräten.

So klappt es mit beatmeten Patienten 

Due Frühmobilisation zeigt oft direkte Effekte: „Ist ein Patient unruhig und wird er mobilisiert, ist er anschließend häufig ein anderer Mensch“, sagt Sniatecki. Manchmal ist er überrascht, wenn ein Kollege mit einem Patienten über den Flur läuft. „Es ist erstaunlich, wie anders diese Patienten aussehen.“ Das sei sicherlich ein Grund, weshalb Pflegekräfte den Wert früher Mobilisation schnell erkennen.

Mehr Info zur Frühmobilisation

Das Deutsche Netzwerk Frühmobilisierung beatmeter Intensivpatienten engagiert sich seit Jahren für die Frühmobilisierung Beatmeter. Auf der Website finden Sie viele weiterer Informationen wie Forschung, Lehre und praktische Tipps (etwa Algorithmen) sowie die Anmeldung zu einem Newsletter.

 

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Foto: Kaiserswerther Diakonie/F. Elschner

Autorin: Sabine Josten

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