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Diakonie-Studie

Altenpflegekräfte wünschen sich mehr Corona-Tests

Knapp jeder Fünfte hatte schon mit Covid-Kranken zu tun, fast alle haben Angst, Überträger des Corona-Virus zu sein. So das Ergebnis einer Umfrage der Diakonie unter 1.500 Mitarbeitern

Wie kommen Pflegekräfte mit der Covid-19-Pandemie zurecht? Als „stille Katastrophe“ hat Diakonie-Präsident Ulrich Lilie die Situation in vielen Einrichtungen während des Lockdowns bezeichnet. Die Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) hat nun eine Ad-hoc-Studie vorgelegt, die laut Studienleiter Daniel Hörsch als repräsentative Stichprobe für den Bereich Altenhilfe und -pflege der Diakonie zu betrachten sei. Insgesamt zählt die Diakonie in diesem Bereich 4.673 Einrichtungen.

Pflegekräfte in Heimen sechsmal häufiger infiziert

Schon im Juni zeigte eine Bremer Studie, dass Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten sich doppelt so häufig und Pflegeheim-Beschäftigte sich sogar sechsmal häufiger infizierten als die Normalbevölkerung. Bei mehr als 60 Prozent der bundesweiten Fälle handelte es sich der Bremer Studie zufolge um Pflegeheimbewohner oder Kunden von Pflegediensten. Andererseits galt aber auch: Immerhin knapp 80 Prozent der Heime hatten gar keine Infektion.

In manchen Heimen sterben 30 Prozent aller Covid-Patienten

Laut der Ad-hoc-Studie der Diakonie gaben 22,7 Prozent der rund 1.500 befragten Diakonie-Mitarbeiter im Oktober an, mit infizierten Pflegebedürftigen zu tun gehabt zu haben, bei rund 18 Prozent waren Bewohner beziehungsweise Klienten erkrankt, und bei acht Prozent kam es in diesem Umfeld auch zu Todesfällen. Besonders betroffen waren die Landesverbände in Baden, Bayern, Berlin und Hamburg. Auffallend war zudem die hohe Sterblichkeit der Bewohner mit Covid in den Landesverbänden Rheinland-Westfalen-Lippe und Württemberg (25 beziehungsweise 30 Prozent).

Relativ viele infizierte Pflegekräfte in Württemberg

Bei den Mitarbeitern fielen hingegen hauptsächlich Quarantänefälle und Corona-bedingte Freistellungen ins Gewicht, deutlich seltener Infektionen, Erkrankungen oder gar Todesfälle. Während in Württemberg teilweise jede zweite Pflegekraft von Kollegen mit einer Covid-19-Infektion zu berichten wusste, blieb dies in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sehr selten (fünf Prozent). Über Kollegen, die gar an Covid-19 verstorben waren, berichteten bundesweit Mitarbeiter im niedrigen einstelligen Prozentsatz.

Jeder Vierte klagt über fehlende FFP2/FFP3-Masken

Gegenüber dem Lockdown im Frühjahr hat sich die Lage mit Blick auf den einfachen Mund-Nasen-Schutz und die Schutzkleidung im Oktober weitgehend entspannt. Dennoch bemängelte ein Viertel der Befragten, dass die FFP2/FFP3-Masken nach wie vor nur in geringem oder gar keinem Umfang bereitgestellt würden.

In ambulanter Pflege wird zu wenig getestet

57 Prozent gaben zudem an, dass die Testmöglichkeiten nach wie vor nur wenig oder gar nicht vorhanden seien. Vor allem teilstationäre Einrichtungen und ambulante Dienste leiden darunter. „Dass angesichts dieses dramatischen Mangels an Ausrüstung die Bereiche der Altenhilfe überhaupt arbeitsfähig geblieben waren, und es in rund 80 Prozent der Einrichtungen der stationären Altenhilfe kein Infektionsgeschehen gab, ist dem agilen Reagieren der Mitarbeitenden zu verdanken“, heißt es in der Studie.

Die Pandemie hat Pflegekräfte und Bewohner zusammengeschweißt

90 Prozent empfanden den Zusammenhalt unter den Kollegen motivierend für ihre Arbeit. Die Corona-Zeit habe sogar zu einem intensiveren Austausch zwischen Pflegenden und Bewohnern geführt, berichteten 63 Prozent. Knapp die Hälfte gab allerdings auch an, weniger Zeit für die Bewohner zu haben (48 Prozent). 73 Prozent berichteten, dass sich die Bewohner nur schwer an die veränderte Betreuungssituation gewöhnen konnten.

Viele Pflegekräfte haben Angst, Freunde und Familie anzustecken

Belastend war für die meisten die Ungewissheit, ob man Überträger des Virus ist (85 Prozent). Nahezu gleich ausgeprägt war die Sorge, Bewohner, Freunde und Familie anzustecken. Weniger stark ausgeprägt war die Sorge, sich selbst zu infizieren (60 Prozent). 61 Prozent waren durch Konflikte im Pflegealltag emotional mehr belastet, bei mehr als der Hälfte (54 Prozent) haben Wut und Ärger zugenommen, ebenso Gefühle der Überforderung (49 Prozent) und Hilflosigkeit (41 Prozent).

Partnerschaft gibt Pflegekräften Rückhalt

Erschwerend kam für die Pflegekräfte hinzu, dass Familienmitglieder und Freunde ihnen distanzierter gegenübertragen (51 Prozent). Zugleich gaben der Ehe- oder Lebenspartner den Pflegekräften den größten Rückhalt bei der Regeneration (81 Prozent), jeder Zweite suchte neue Kraft in der Stille oder der Natur (50 Prozent).

Pflegekräfte: Diakonie hat gut informiert

Mittlerweile gaben 80 Prozent an, gut mit der Epidemie zurecht zu kommen. 74 Prozent waren obendrein zuversichtlich, dass sie nicht ewig dauern werde. 81 Prozent fühlten sich auch durch die Dankbarkeit für einen krisensichern Job motiviert. Gut bis sehr gut informiert fühlten sich die Mitarbeiter durch die eigenen Einrichtungen (88 Prozent), ebenso durch das Robert Koch-Institut. Mehr als die Hälfte fühlte sich auch durch den Berufsverband, die Pflegekammer oder den Mitgliedsverband gut bis sehr gut informiert beziehungsweise vom zuständigen Gesundheitsamt.

Wunsch: bessere Ausrüstung, regelmäßige Testungen

Die befragten Pflegekräfte wünschten sich weniger „Balkon-Botschaften“, sondern ganz konkrete Maßnahmen wie eine ausreichende Vorratshaltung von Schutzbekleidung und Desinfektionsmittel (80 Prozent) sowie regelmäßige Testungen von Mitarbeitern (61 Prozent). Jede zweite Pflegekraft befürwortet eine Corona-Prämie für alle Pflegenden, ferner bundeseinheitlich geltende Regelungen für die Pflege und ein Drittel wünscht sich ein verbessertes künftiges Krisenmanagement.

Hier geht's zur Studie

Autorin: Birgitta vom Lehn

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