Die meisten Pflege-Verbände sehen in der überarbeiteten Ausbildungs- und Prüfungsverordnung eine Degradierung der Altenpflege. Das wurde in der öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss unter Leitung von Erwin Rüddel (CDU) am 25. Juni deutlich. Größter Kritikpunkt an der Verordnung sind die herabgesenkten Anforderungen an die Kompetenz derjenigen, die sich im Rahmen der generalistischen Ausbildung für den Schwerpunkt Altenpflege entscheiden.
Eine der größten Kritikerinnen ist Christine Vogler (Foto unten). Sie ist stellvertretende Vorsitzenden des Deutschen Pflegerats, stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundesverbandes für Lehrende in den Gesundheit- und Sozialberufen (BLGS) und des BLGS – Landesverband Berlin. Außerdem ist Christine Vogler Vorstandmitglied des Deutschen Bildungsrates. Als Modellprojekt hat die Pflegepädagogin die generalistische Ausbildung bereits 2004 an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule der Wannsee-Schule etabliert.
Für pflegen-online bringt Christine Vogler ihre Kritik auf den Punkt:
Über zehn Jahre haben Pflegepädagogen – und viele berufspolitisch aktive examinierten Pflegekräfte – für eine gemeinsame Grundausbildung der Pflege gekämpft. Wir waren fast am Ziel. Doch nun wird die Bundesregierung sie quasi über Nacht ad absurdum führen. Sicherlich: Die Ausbildung zum Pflegefachmann und -frau wird wie geplant zwei Jahre gemeinsam stattfinden – sie ist in der Anlage generalistisch. Doch es wird einen gesonderten Abschluss für die Altenpflege geben, einen Abschluss, der die Altenpflege zum Assistenzberuf degradiert. Eine Gleichwertigkeit der Altenpflege – das gibt es nun nicht mehr. Dabei war gerade sie unser zentrales Anliegen im Kampf für die Generalistik. Aus guten Gründen:
- Menschen in Altenpflegeeinrichtungen sind oft multimorbid, nicht selten demenzkrank – man kann viel falsch machen im Umgang mit ihnen – deshalb brauchen sie eine fachkundige Pflege
- Wegen der demografischen Entwicklung werden künftig noch mehr Altenpfleger/innen gebraucht. Die Rekrutierung gelingt aber nur, wenn der Beruf ein höheres Ansehen erlangt. Dafür ist auch eine angemessene Bezahlung nötig – augenblicklich verdienen Altenpfleger/innen deutlich weniger als ihre Kolleg/innen in der Krankenpflege.
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Wenn jetzt aber die Anforderungen an den Abschluss herabgesetzt werden, gibt es für die Träger keinen Grund, die Gehälter zu erhöhen. Der Attraktivitätsschub wird ausbleiben. So führen die Regierungspläne dazu, dass junge Menschen die Altenpflege als Arbeitsbereich sehen, für den man sich nur entscheidet, wenn man woanders keine Chancen hat.
Welcher junge Mensch möchte künftig noch in die Altenpflege gehen?
Welches Signal aber sendet die Regierung mit dieser Entscheidung an Menschen, die pflegebedürftig sind oder Pflegebedürftigkeit fürchten? Pflege alter Menschen im Heim oder zu Hause ist uns nicht so viel Wert wie die Pflege von Patient/innen im Krankenhaus. Ist es das Signal, was wir wollen? Die „Alten“ sind uns weniger Wert?
Die momentan geplanten Absenkungen in den Anforderungen an die Ausbildungsqualität in der Altenpflege liegt unter den heutigen Anforderungen. Welcher junge Mensch will in eine Ausbildung gehen, die weniger Wert hat als andere pflegerische Abschlüsse? Mit allen Konsequenzen einer eingeschränkte berufliche Handlungsfähigkeit, schlechteren Aufstiegschancen und geringerem Ansehen?
Hier geht es um die Interessen der Arbeitgeber
Mit der Absenkung der Kompetenzen beim Abschluss der Altenpflege beugt sich die Politik offensichtlich den Interessen der Arbeitgeber in der Altenpflege - und setzt damit eine angemessene Versorgungsqualität für pflegebedürftige alte Menschen in Deutschland auf's Spiel.
Illustration: Götz Wiedenroth
Foto: Silke Rudolph