Foto: jens schuenemann jps-berlin.de

Gehalt

Altenpflege-Gehälter: Diakonie und Caritas sind top …

… doch viele Private ein Flop. Die Gehälter sind also nicht prinzipiell so dürftig wie die Berichterstattung von ZDF, Spiegel Online & Co. zur Böckler-Studie vermuten lässt. Bei der Bremer Heimstiftung werden sie sogar noch einmal um 10 Prozent steigen.

2.740 Euro – diese Summe springt sofort ins Auge beim Überfliegen der Berichte über die neue Studie der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung. So viel verdienen Altenpflegefachkräfte monatlich im Mittel für eine Vollzeitstelle. Das sind fast 500 Euro weniger als die Kollegen im Krankenhaus bekommen. Als Berechnungsgrundlage nutzten die Studienautoren Michaela Evans und Christine Ludwig vom Institut Arbeit und Technik (IAT) die repräsentative Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit der Jahre 2012 bis 2017.

Lesen Sie auch unseren aktuellen Gehaltscheck (Stand August 2020) - erfahren Sie was Johanniter, Agaplesion & Co. Pfleghilfskräften, Pflegefachkräften, Wohnbereichsleitungen und Pflegedienstleitungen zahlen (inklusive Zulagen)!

Caritas zahlt Schüler so gut wie sonst keiner

Doch die Gehälter für eigentlich ein und dieselbe Tätigkeit klaffen offenbar extrem auseinander. So verdienen Altenpflegefachkräfte bei vielen konfessionellen Trägern sehr viel besser:

Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:

  • Bei der Diakonie erhalten sie im 5. Berufsjahr (nach den Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland, AVR DD) 3.064 Euro brutto ohne Zulagen
  • Die Caritas zahlt eine monatliche Vergütung von durchschnittlich (über alle Altersgruppen hinweg) brutto 3.260 Euro, wer über 15 Jahre im Beruf ist, erhält noch einmal 180 Euro mehr.
  • Pflegehelfer erhalten bei der Caritas im fünften Berufsjahr 2.827 Euro monatlich, eine Pflegehilfskraft liegt mit 2.397,26 Euro um 34 Prozent über dem Mindestlohn von 1.789 Euro, den viele andere Träger den ungelernten Kräften zahlen.
  • Bei der Caritas ist auch die Ausbildungsvergütung außergewöhnlich hoch: 1.041 Euro im ersten Jahr, 1.203 Euro im dritten Jahr.

„Es gibt keinen Ausbildungsberuf, der gemäß der Datenbank des Bundesinstituts für Berufsbildung für tarifliche Ausbildungsvergütungen den Caritas-Pflege-Durchschnittswert von 1.115 Euro erreicht“, schreibt Dr. Hanno Heil, Vorsitzender des Verbands Katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD) im sgp Report (1/2019).

„Caritas hat Pionierarbeit geleistet“

Lob für ihre Lohnpolitik erhalten die Konfessionellen auch von der Konkurrenz: „Sie haben sich einen Lorbeerkranz verdient, besonders die Caritas hat Pionierarbeit geleistet“, sagt Alexander Künzel, Seniorvorstand der Bremer Heimstiftung. Die Bischöfe hätten sich von Anfang an gegen die Parole „billig, billig“ der Kostenträger gewehrt.

Bremer Heimstiftung strebt Gehälter wie in kommunalen Kliniken an

Die Bremer Heimstiftung, ein freigemeinnütziger Träger, zahlt selbst einen mit Verdi ausgehandelten Haustarif und ist Mitglied in der

Tarifgemeinschaft Bremen Pflege, zu der auch AWO, DRK, Parität, Diakonie, Caritas gehören. „Aber mit unserem Tarifvertrag liegen wir – so wie die anderen Träger mit seriöser Gehaltsstruktur – immer noch zehn Prozent unter dem Tarif der kommunalen Krankenhäuser“, sagt Alexander Künzel. „Das wollen wir innerhalb der nächsten zwei Jahre ändern: Wir wollen an den kommunalen Krankenhaustarif ran.“

Druck durch Generalistik

Die Angleichung der Gehälter der Altenpflege an die Krankenpflege sei eine logische Konsequenz der generalistischen Ausbildung, so Künzel. „Die Absolventen müssen am Ende der Ausbildung auf eine einheitliche Tariflandschaft stoßen. Wenn das nicht klappt, haben wir verloren.“

Private lehnen Flächentarifvertrag ab

Umso weniger ist das Verhalten der privaten Träger, genauer des Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) zu verstehen: Er sperrt sich gegen einen Flächentarifvertrag in der Pflege und hat dazu sogar ein Gutachten bei dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio in Auftrag gegeben. Dieses, kürzlich erst veröffentlicht, stützt die Position des Arbeitgeberverbandes, der mit einer Klage gegen die Pläne der Bundesregierung droht.

„Arbeitgeberverband hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt“

Die Frage ist allerdings, warum der Arbeitgeberverband so vehement gegen einen Flächentarifvertrag kämpft. „Für mich ist das Verhalten nicht nachvollziehbar“, sagt Dr. Martin Dichter, Vorsitzender des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe der Region Nordwest (DBfK Nordwest). „Der Verband scheint die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Die steigenden Gehälter bei den anderen Trägern, die Aufwertung des Berufs durch die Generalistik und der steigende Organisationsgrad wird das Selbstbewusstsein der Altenpflegende auf lange Sicht stärken.“

Altenpfleger sind Arbeitgebern treu - noch ...

Bislang seien Altenpflegekräfte in der Tendenz Team und Bewohnern – beziehungsweise Klienten – sehr verbunden. An einem Arbeitsplatzwechsel seien sie deshalb häufig nicht interessiert. Selbst wenn dieser mehr Gehalt bedeutet, so Pflegewissenschaftler Martin Dichter. „Doch das kann sich ändern: Die Haltung des bpa Arbeitgeberverbandes ist ein Schlag ins Gesicht. Manch Pflegende wachen dadurch sicherlich auf und überdenken ihre Arbeitssituation noch einmal.“

Führt Jens Spahns Pflegereform dazu, dass die privaten Träger bald so gut zahlen wie Caritas und Diakonie? Lesen Sie unseren dazu unseren aktuellen Artikel vom 11. Juni 2021]  

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