Erst kürzlich auf Twitter: „Das korrekte Wort ist Vagina“, schrieb ein Herr als Reaktion auf die Nachricht auf der Webseite des Guardian (linksliberale englische Tageszeitung), der über eine Bilderserie mit Portraits von 100 Vulven berichtet hatte. Nein, schaltete sich eine Gynäkologin ein, gab dem Guardian Recht, steuerte noch eine Grafik bei, die den Unterschied zwischen Vulva und Vagina veranschaulichte. Das ließ der Herr nicht auf sich sitzen, erklärte, argumentierte gegenüber der Frauenärztin, er wisse es doch besser. Das Ganze ging viral, amüsierte das Netz über Tage.
Mansplaining - der Dünkel der Männer
Ein typischer Fall von Mansplaining: Ein Mann erklärt einer Frau etwas, was diese – wie hier kraft ihrer Ausbildung – zweifelsohne besser weiß. Ein Dünkel sei das, mit dem Männer Frauen das Gefühl vermittelten, dass „diese Welt nicht die ihre sei“, empört sich die US-amerikanische Intellektuelle Rebecca Solnit. „Dieser Dünkel schult uns in Selbstzweifel und Selbstbeschränkung.“
Männer belegen bis zu 50 Prozent der Pflegemanagement-Posten
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Einschüchterungsversuche, überhebliches Gehabe – nicht selten werden Frauen, gerade in der Berufswelt, untergebuttert, müssen sich Strategien überlegen, um gegen Männer zu bestehen. Das gilt auch in der Pflege, wo Männer insgesamt zwar seltener anzutreffen sind als Frauen, aber in nicht wenigen Einrichtungen mittlerweile 50 Prozent der Leitungsfunktionen bekleiden.
Tipps für den Umgang mit Mansplaining
Was also tun, wenn Sie es mit einem Mansplainer im Team zu tun haben? Nicht aufregen? Das ist keine schlechte Idee, doch sie reicht nicht. Denn hier brüskiert sie jemand, hier versucht jemand, Sie klein zu machen. Sie haben zu recht den Impuls sich zu wehren und Sie sollten sich wehren.
1. Tipp: Keine Bühne bieten
Machen Sie sich bewusst: Ein Showman braucht Publikum, ein Dauererklärer bereitwillige Zuhörer. Vereiteln Sie ihm den Plan, bereiten Sie ihm keine Bühne. Parieren Sie die Lehrtirade stattdessen mit einem knappen „Ach, was“ – und lenken auf ein anderes Gesprächsthema um. Ganz elegant gelingt ihnen das mit einer Überleitung, etwa so: „Da fällt mir doch gerade etwas ganz anderes ein...“
2. Tipp: Nicht unterbrechen lassen
Fährt Ihnen der Kollege im Meeting über den Mund? Dann stellen Sie, ja, gerade vor Publikum, klar, dass Sie das nicht mit sich machen lassen. Schauen Sie dem Störenfried in die Augen, weisen Sie ihn zurecht, etwa indem Sie sagen: „Ich möchte und werde jetzt zu Ende sprechen.“ Wichtig: Bleiben Sie dabei ruhig, achten Sie auf eine feste Stimme. Machen Sie ihm und allen anderen im Raum klar, dass er in Ihnen kein Opfer findet.
3. Tipp: Üben Sie - Spielen Sie im Kopf Meeting-Situationen durch
Natürlich braucht ein solches Auftreten Mut. Vielleicht haben Sie jahrelang nur verhalten reagiert, Einwürfe hingenommen, männliches Gebaren schüchtern weggelächelt, stets nur im Stillen gedacht: Ich weiß ja, was ich weiß und kann; das reicht doch.
In solchen Fällen hilft eine mentale Vorbereitung, ein Visualisieren: Stellen Sie sich die Meetingsituation vor, wie der ungeliebte Kollege Ihnen in die Parade fährt, spüren Sie den Ärger hochkommen – und führen Sie sich dann vor Augen, wie Sie gegenhalten. Welche Worte wählen Sie? Was macht Ihr Körper? Haben Sie die Situation gedanklich schon zwei-, dreimal durchlebt, fällt es Ihnen in der Realität leichter, Contra zu geben.
4. Tipp: Körpersprache und Stimme: Nehmen Sie Raum ein!
Es klang schon an: Ohne den bewussten Einsatz von Stimme und Körpersprache geht es nicht. Der Körper verrät alles, die Stimme zeigt, ob wie innerlich zittern oder gefestigt sind. Davon ist Beatrix Schwarzbach, Rhetorik-Coach aus Berlin, überzeugt. Oft lasse sich beobachten, sagt sie, dass „Frauen körperlich zurückgenommener“ auftreten, etwa die Beine übereinanderschlagen oder auch seltener Blickkontakt aufnehmen. Doch: „Ungenutzter Raum wird von anderen ausgefüllt.“
Frauen sollten sich daher groß machen, sich, im wahrsten Sinne, „ent-falten“, ihren Blick wandern lassen. In Präsentationen gilt: „Beine fest auf dem Boden, hüftbreiter Abstand zueinander. Schultern gerade und aufgerichtet.“ Außerdem: direkter Blick, klare Ansprache.
5. Tipp: Schluss mit „eigentlich“, „ein bisschen“, „irgendwie“ ...
„Eigentlich wollte ich noch sagen, dass ich finde, dass wir vielleicht mal ein bisschen mehr darauf achten könnten“ – pffff...schon entfleucht Ihrer Anregung, Ihrem Gedanken, Ihrer vielleicht genialen Idee jegliche Kraft. Es sind diese Füllwörter, die Aussagen von Frauen klein machen, sie verwässern: „sozusagen“, „eigentlich“, „ein bisschen“, „irgendwie“, „man könnte mal“. Kommt Ihnen bekannt vor?
Sie möchten Aufmerksamkeit? Verzichten Sie auf „sprachliche Weichmacher“
Das Problem: Ihr Gesprächspartner schaltet ab, bevor Sie zum Punkt kommen, Sie verlieren seine Aufmerksamkeit. Und kompetent wirken Sie mit dieser herumeiernden Sprache nun gleich gar nicht. „Sprachliche Weichmacher“ nennt Rhetorik-Coach Beatrix Schwarzbach diese Ausdrücke deshalb. Sie seien überall zu finden: Ob eine Frau eine Bitte ausschlagen wolle, aber sich nicht recht traut, ob sie zu verlegen sei, ihre Leistungen herauszustellen – oder auch Lob zu kassieren.
Sprachliche Weichmacher signalisieren niedrigen Status
Für Schwarzbach ist diese Art des Sprechens Folge eines großen inneren Drucks: „Auf der einen Seite möchten wir mitteilen, worauf es uns wirklich ankommt“, so die Trainerin, die auf ihrem Blog hilfreiche Tipps bereitstellt. „Aber die Angst ist groß, dabei als zu herrisch, zu rechthaberisch, zu stark, zu dominant und zu aggressiv oder arrogant wahrgenommen zu werden.“ Interessant: Linguistische Forschungen haben laut Schwarzbach ergeben, dass gerade Menschen mit geringerer Macht und einem niedrigeren Status diese Ausweichfloskeln verwenden.
6. Tipp: Benutzen Sie Weichmacher? Beobachten Sie Ihre eigene Sprache
Also Schluss damit. Machen Sie sich klar, ob und wann Sie diese Wörter verwenden. „Hören Sie sich ein paar Tage lang bewusst selber zu“, rät Beatrix Schwarzbach. Wisse man erst einmal, welche Wörter sich tagtäglich einschleichen, falle es leichter, sie wegzulassen.
7. Tipp: Wählen Sie gern einen freundlichen Unterton
Wer Angst habe, durch seine klare Sprache als zu herrisch wahrgenommen zu werden, kann durch die eigene Sprechhaltung gegensteuern. So könne die Aussage laut Schwarzbach sehr wohl klar und bestimmt sein und dennoch einen freundlichen Unterton haben. Und falls Sie doch etwas hochmütig daherkommen, wäre das denn wirklich so schlimm?
Autorin: Romy König
Kommentar von J. Sch.:
"Ihr Artikel macht mich – alter weißer Mann (51 Jahre) – zornig! Warum nicht einfach nur „Umgang mit Klugscheißenden“? So werden nur neue Fronten aufgebaut. Ich schätze mich als eher zurückhaltenden introvertierten Menschen ein, keine Führungskraft aber doch ein wenig Berufserfahrung. Ich begrüße ausdrücklich die aktuelle Genderdebatte. Diese geht aber über die Einteilung in 2 Geschlechter hinaus, das kann den konservativen Feministinnen nicht oft genug gesagt werden!
Auf meiner Arbeitsstelle (Gesundheitsdienst aber kein Pflegebetrieb) werden seit Jahren alle neuen Stellen für „Studierte“ (so einer bin ich auch) mit jungen Frauen besetzt, auch dagegen habe ich absolut nichts einzuwenden. Nur bringen gerade die neuen Kolleginnen zunehmend ein geradezu übersteigertes Selbstbewusstsein mit. Sie können, wissen und dürfen einfach schon alles. Auch das ist ihnen natürlich freigestellt. Nur beschränkt sich mein kollegialer Umgang mit den Kolleginnen mittlerweile generell auf eine freundliche, aber absolut emotionslose und gelassene Distanziertheit. Ich würde nie auf die Idee kommen, ihnen aus meiner überkommenen Sichtweise als alter weißer Mann irgendwas erklären zu wollen. Schließlich will ich nicht als „männlicher Klugscheißer“ gelten!"