An einem Montagabend kurz nach zehn schreibt uns Gabriela Koslowski: „Da ich täglich in Pflegeeinrichtungen bin und in den Coachings merke, wie schlecht es teilweise den Pflegekräften geht, habe ich einmal aufgeschrieben, was ihnen aus meiner Sicht helfen kann.“
Wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass Ihnen die 13 Tipps der psychologischen Beraterin und Autorin des Buches Resilienz in der Pflege Anregung bieten und freuen uns über Ihre Rückmeldung! Vielleicht haben Sie noch ganz andere, eigene Ratschläge parat, die Ihren Kolleginnen und Kollegen helfen könnten!
Eigene Bedürfnisse wahrnehmen – im Interesse der anderen!
Wenn ich verlerne, meine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und nur bei dem anderen bin, rutsche ich ganz schnell in eine Stressspirale. Das kann sich durch ständige Kopfschmerzen, Herzrasen, Anspannung und emotionale Erschöpfung bemerkbar machen. Nicht selten entwickeln sich bei den Betroffenen innere Kälte und Aggression. Schon das Rufen des Bewohners nervt dann. Wenn wir also weiterhin auf hohem Niveau arbeiten wollen, dürfen wir nicht verpassen, immer wieder aufzutanken. Das ist gerade in der Corona Pandemie wichtig.
Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:
1. Tipp: Sich bei der Arbeit kleine Auszeiten gönnen
Eine wichtige Rolle spielen hierbei die kleinen täglichen Auszeiten zwischendurch – nach der Grundpflege des Bewohners einmal kurz durchatmen, sich bewusst machen, was man gerade geleistet hat, sich eine Tasse Kaffee gönnen.
2. Tipp: Stolz sein und sich loben lassen
Die Hauptsache ist, dabei kein schlechtes Gewissen zu haben. Gerade Pflegenden fällt es schwer, stolz auf ihre Leistung zu sein .Machen Sie sich daher immer wieder bewusst, was sie alles tagtäglich stemmen – beispielsweise, indem sie es aufschreiben.
Wir müssen uns selbst viel mehr würdigen! Uns vor den Spiegel stehen und uns sagen „ Hey, ich mag mich und habe heute gute Arbeit geleistet, ich bin zufrieden mit mir!“ Oft haben wir nur unsere Defizite im Blick und sehen nicht, was wir tagtäglich im Wohnbereich leisten. Das nenne ich Achtsamkeit!
Auch anerkennende Rückmeldungen von Freunden und Familie sind hilfreich. Sie helfen, sich die Pausen und kleinen Belohnungen zuzugestehen. Wie diese aussehen können, ist individuell. Jeder kann in sich hineinhorchen, ausprobieren, was ihm guttut, und dann auch dranbleiben.
3. Tipp: Führen Sie ein Dankbarkeits-Tagebuch
Schluss mit negativen Gedanken! Um Frust und Unzufriedenheit abzubauen, ist ein D ankbarkeitstagebuch hilfreich. Darin werden jeden Abend drei Dinge notiert, die an diesem Tag gut oder schön waren – und wenn es „nur“ ein netter Scherz vom Angehörigen war, das zufriedene Lächeln des Pflegebedürftigen oder das besonders leckere Essen vom Lieferservice. Vogelgezwitscher, ein Spaziergang in der Natur. Wenn wir diese Dinge aufschreiben, verändert sich auf Dauer unsere Einstellung.
4. Tipp: Schreiben Sie Ihre Bedürfnisse auf
Was ist eigentlich mit mir? Wo bleibe ich? Auch bei der Beantwortung dieser Fragen kann das Schreiben helfen. Darum sollte man sich einen Block oder ein Heft nehmen und die eigenen Bedürfnisse klar formulieren. Was brauche ich, damit es mir selbst gut geht, und wie kann ich das erreichen?
5. Tipp: Lassen Sie Ihre Absichtserklärung unterschreiben!
Gute Vorsätze allein genügen oft nicht. Um tatsächlich zu handeln, hilft es oft, einen Vertrag mit sich selbst zu schließen. Darin werden Absichten schriftlich niedergelegt: Ich gönne mir zum Beispiel. täglich eine halbe Stunde ungestörtes Basteln, genieße einmal die Woche einen Wellnessabend, nur für mich. Das Ganze sollte unterschrieben werden, am besten auch von einem anderen Familienmitglied, einem Freund oder einer Freundin.
6. Tipp: Was alles für Entspannung sorgen kann
Es muss nicht immer Yoga und Meditation sein – machen Sei sich von Trends frei und überlegen Sei selbst, was Ihnen hilft abzuschalten und sich wohl zu fühlen. Hier ein paar Anregungen.
Musik genießen
Ob man nun einfach per Kopfhörer schmissigen Popsongs lauscht oder eine Lieblings-CD einlegt-Musik ist Balsam für die Seele.
Einfach abtauchen (in der Badewanne zum Beispiel)
Ein ausgiebiges Bad bei Kerzenlicht und einem packenden Buch tun ebenso gut wie 30 Minuten Entspannungstechniken, Aufmerksamkeitsübungen oder eine Tiefenmeditation.
Kreativ werden
In Corona Zeiten ist die Umsetzung sicherlich nicht ganz so einfach, wir können keinem Verein beitreten, oder Kurse bei der Volkshochschule (VHS) belegen, doch wir können uns besinnen auf Dinge, die wir vielleicht früher einmal mit Leidenschaft gemacht haben. Ich selbst habe wieder angefangen zu malen und es macht riesig Spaß.
Häkeln, Nähen, Zeichnen, Basteln, Handwerken, Fotografieren, Musik machen, Briefe schreiben: Kreative Hobbys helfen vielen Menschen dabei, abzuschalten und ganz bei sich zu sein.
Zum Telefonieren verabreden
Wir sind soziale Wesen und brauchen den Austausch mit anderen. Vor Corona haben wir uns gefreut, uns mit Freunden auf einen Kaffee zu treffen oder beim Italiener zu verabreden. All das geht gerade nicht, doch was hält uns ab, sich zu einem festen Zeitpunkt zum Telefonieren zu verabreden? Ich selbst mache das einmal die Woche mit meiner besten Freundin – und wir haben verabredet, nicht über Corona und Fallzahlen zu sprechen, sondern uns bewusst mit anderen Themen zu beschäftigen.
Kurz mal raus an die frische Luft
Die eigenen vier Wände zwischendurch kurz einmal zu verlassen, nimmt Druck raus und sorgt für andere Blickwinkel –vielleicht durch eine Runde um den Block oder durch den Park laufen. Im Dienst kann ich bewusst einmal die Station verlassen und durchatmen!
Sich austoben
Auch wenn Pflege oft körperlich anstrengend ist, kann Sport ein guter Ausgleich sein. Eine halbe Stunde Walken, Joggen, Radeln oder auch ein Fitnessprogramm im Wohnzimmer macht den Kopf frei.
7. Tipp: Hilfe suchen, wenn das Abschalten nicht klappt
All die genannten Dinge helfen einem resilient zu werden. Resilienz bedeutet innere Stärke, eine Stehaufmännchen-Natur zu besitzen. Es ist die Kraft, die es Menschen ermöglicht, aus schwierigen Situationen gestärkt hervorzugehen. Das Schöne ist: Man kann Resilienz lernen – egal wie alt man ist!
Holt Sie dennoch der Stress ein, können Sie sich ganz ehrlich fragen, Wer kann mir helfen? Was macht mir Angst und was sind meine Stresssymptome? Und was lässt sich dagegen tun? Such Sie sich Unterstützung, etwa bei einem Coach oder Hausarzt. Vergessen Sie nicht: Hilfe anzunehmen, ist Ausdruck von Stärke (und nicht Schwäche) .
Text: Gabriela Koslowski