Pflegekräfte müssen nicht mehr darben. In den letzten vier Jahren sind die Durchschnittsbruttolöhne um fast 15 Prozent gestiegen, rund 5 Prozentpunkte mehr als die Gesamtentwicklung der Löhne hierzulande. Das belegt eine umfangreiche Studie der ETL Steuerberatung von Anfang April.
Zulagen nur minimal gestiegen in ambulanter Pflege
Auch die Entwicklung der Zulagen – das i-Tüpfelchen auf vielen Gehältern von Pflegekräften – haben die Studienmacher in Augenschein genommen. Hier allerdings hat sich in den letzten Jahren wenig getan. So sind die Zulagen seit 2019 in den alten Bundesländern gerade mal um 7 Cent pro Stunde gestiegen, die Pflegekräfte in den neuen Bundesländern kamen sogar nur auf 2 Cent.
Für Studienleiterin Janine Peine ein überraschendes Ergebnis, das sie sich auch nicht so recht erklären kann: „Ich vermute, dass die gesetzlich durchgesetzten Lohnsteigerungen der letzten Jahre bei vielen Pflegebetreibern dazu geführt haben, dass eine zusätzliche Erhöhung von Zulagen wirtschaftlich nicht abbildbar ist.“
Mit Zulagen-Bündel Wertschätzung zeigen
Ein Fehler, wie Janine Peine meint. Denn gerade in der derzeitigen angespannten Lage auf dem Pflegemarkt mit seinen vielen offenen Stellen, könne man sich im Wettbewerb um Pflegekräfte mit einem Zulagen-Bündel von der Konkurrenz absetzen und neue Pflegekräfte gewinnen. „Ein individuell geschnürtes Paket an Zulagen zeigt Wertschätzung gegenüber den Pflegekräften und sorgt damit auch für ein positives Arbeitsklima.“ Da der Katalog der möglichen Zulagen sehr umfangreich ist, lassen sich größere und kleinere Vergünstigungspakete zusammenstellen. Die ETL-Steuerberatung hebt besonders diese Extra-Vergütungen hervor:
1. Urlaubskasse aufbessern
Unabhängig von einem eventuell gezahlten (steuer- und beitragspflichtigen) Urlaubsgeld kann der Pflegedienst-Inhaber seinen Mitarbeitern eine steuerbegünstige Erholungsbeihilfe in Höhe von 156 Euro pro Jahr zukommen lassen. Ist der Mitarbeiter verheiratet, kommen noch einmal 104 Euro für den Ehegatten hinzu und weitere 52 Euro für jedes steuerlich berücksichtigungsfähige Kind. Für eine Familie mit zwei Kindern bedeutet das immerhin jährlich zusätzlich 364 Euro.
Und der Mitarbeiter kann die Erholungshilfe sogar brutto für netto vereinnahmen. Nur der Arbeitgeber muss die Erholungsbeihilfe mit 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer pauschal lohnbesteuern. Sozialversicherungsbeiträge fallen auch für ihn nicht an, wenn die Pauschsteuer in dem Lohnabrechnungszeitraum erhoben und abgerechnet wird.
2. Mit dem Job-Ticket zur Arbeit
Auch ein Job-Ticket oder einen Zuschuss zu einem Job-Ticket (Wochen-, Monats- oder Jahreskarte) für den öffentlichen Personennahverkehr ist ein attraktives Goodie. Denn Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge fallen nicht an und die Pflegekraft kann das Job-Ticket sogar privat nutzen. Der einzige Wermutstropfen beim Job-Ticket: Der Mitarbeiter muss sich diesen Vorteil bei seiner Einkommensteuererklärung auf seine Entfernungspauschale anrechnen lassen. Die Anrechnung auf die Entfernungspauschale lässt sich allerdings vermeiden, wenn der Arbeitgeber den geldwerten Sachbezug mit 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer pauschal versteuert.
3. Warengutscheine
Mit bis zu 50 Euro pro Monat können Pflegedienstbetreiber ihre Mitarbeiterinnen mit einem Warengutschein beglücken. Sie sind gelten als Sachbezüge und sind steuer- und sozialversicherungsfrei. Allerdings muss sie regional einlösbar sein, zum Beispiel Gutscheinkarten für einen Buchladen, Beauty- oder Fitnesskarten oder Kinokarten. Aber auch Tankgutscheine oder der Gutschein für den Supermarkt in der Nähe sind möglich. Ein Amazon-Gutschein wird vom Finanzamt nicht anerkannt.
4. Steuerfrei Fahrrad fahren
Statt einer Gehaltserhöhung kann man der Pflegekraft auch ein Job-Fahrrad zu überlassen, hat gleich mehrere Vorteile. So ist der geldwerte Vorteil dieser Nutzungsüberlassung komplettsteuer- und sozialversicherungsfrei, wenn das Fahrrad zusätzlich zum Lohn gewährt wird. Im Gegenteil, der Mitarbeiter kann in seiner eigenen Steuererklärung sogar noch Werbungskosten in Höhe der Entfernungspauschale abziehen. Auch hier gilt: Das Fahrrad darf natürlich ohne Einschränkung ebenfalls für private Zwecke genutzt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt können die Mitarbeiter auch das auf sie individuell angepasste Fahrrad preisgünstig erwerben.
5. Kinderbetreuung finanzieren
Ohne betragsmäßige Begrenzung darf der Pflegedienstinhaber die Kosten für die Kinderbetreuung nicht schulpflichtiger Kinder seiner Mitarbeiter übernehmen. Dabei ist es gleichgültig, ob das Kind in einem in betrieblichen oder außerbetrieblichen Kindergarten unterkommt. 600 Euro jährlich dürfen darüber hinaus für eine kurzfristige beruflich veranlasste Notbetreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen steuerfrei ersetzt werden, wenn die Kosten wegen einer Fortbildung, eines beruflichen Einsatzes zu außergewöhnlichen Dienstzeiten oder bei Krankheit eines Kindes im Haushalt des Mitarbeiters anfallen.
6. Zuschuss zum privaten Internet-Anschluss
Bis zu 50,00 Euro pro Monat oder eine jährliche Sonderzahlung von 600,00 Euro kann der Arbeitgeber den Internet-Anschluss seiner Pflegekräfte bezuschussen. Der Internetzuschuss setzt nicht voraus, dass der Internetanschluss auch dienstlich genutzt wird. Es kann sich mithin um einen reinen Privatanschluss handeln.
7. E-Mobilität fördern
Interessante Zulage für E- oder Hybrid-Autobesitzerinnen: Pflegekräfte, die auf Elektro-Mobilisierung umgestiegen sind, können sich vom Pflegebetreiber eine Ladevorrichtung finanzieren lassen. Auf diese „Übereignung für eine Ladevorrichtung“ wird pauschal eine Steuer von 25 Prozent erhoben. Und: Unter die Steuerbefreiung für den Ladestrom fallen auch E-Bikes, die mit Geschwindigkeiten über 25km/h als Kraftfahrzeuge eingestuft werden.
Die meisten Zulagen sind steuerlich begünstigt, manche sogar steuer- und sozialversicherungsbefreit. Genaueres weiß die Steuerberaterin.
Autor: Hans-Georg Sausse
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