Schwitzen ist lästig, aber überlebenswichtig, denn Schweiß kühlt den Körper ab und schützt ihn so vor gefährlicher Überhitzung. Über Millionen Schweißdrüsen sondern wir täglich rund einen halben Liter Flüssigkeit ab, bei sportlicher Bewegung oder Hitze deutlich mehr. Allerdings kann Schwitzen – so natürlich es auch sein mag – ordentlich nerven. Auch gibt es Menschen, die krankhaft schwitzen.Hyperhidrose“ nennen Mediziner das krankhafte Schwitzen.
Der Chirurg Christoph Schick gilt als Pionier auf dem Gebiet: 2006 gründete er mit dem Deutschen Hyperhidrosezentrum (DHHZ) in München das erste Zentrum zur ganzheitlichen Behandlung von Schwitzen und Erröten in Deutschland. Für ihn steht fest: Niemand braucht sich zu schämen, weil er schwitzt. Ein kleiner Trost: Jeder 90. Mensch leidet an vermehrtem Schwitzen. Dahinter steckt meist eine genetische Veranlagung, die sich aber nicht von Geburt an, sondern erst mit Beginn der Pubertät oder später offenbart. Es gibt sogar 80-Jährige, die plötzlich noch stark anfangen zu schwitzen. Oft sind hormonelle Veränderungen der Auslöser, etwa alle 15 Jahre gibt es solche Veränderungen bei Menschen. Der genaue Zusammenhang zwischen Schwitzen und Hormonen ist ungeklärt.
Auf pflegen-online gibt Christoph Schick Tipps, wie man trotz Hitze(wallungen) gut durch den Sommer kommt:
Jobportal pflegen-online.de empfiehlt:
1. Ventilator
Wer stark schwitzt, fühlt sich meist im Freien wohler, denn der Luftzug kühlt die Haut und verhindert so allzu starkes Schwitzen. Mit einem Trick kann man den kühlenden Luftzug auch am Arbeitsplatz imitieren: Man stellt einfach einen kleinen Ventilator im Stationszimmer oder Pausenraum auf. Das Prinzip: Wenn wir den Kopf kühlen, erhält das Gehirn das Signal, aufzuhören mit dem Schwitzen. Schwitzen ist nämlich ein neurologischer Prozess.
Wer als Pflegekraft stark an den Händen schwitzt, dem hilft auch, vor Überstreifen der Handschuhe die Hände kurz vor den Ventilator zu halten. Sie kühlen und trocknen dann, so dass sie nicht so leicht schwitzen.
2. Baumwolle
Kleidungstechnisch stehen grundsätzlich zwei Prinzipien zur Auswahl: entweder sorgt man dafür, dass der Schweiß möglichst vollständig aufgesaugt wird, oder man leitet ihn durch die Kleidung hinweg nach außen.
Für das „aufsaugende Prinzip“ haben Hersteller wie „Albert Kreuz“ oder „Laulas“ Hemden entwickelt, deren Baumwollfaser so verarbeitet ist, dass sie stark nässeaufsaugend wirkt, oder/und Taschen unter den Achseln eingearbeitet, in die spezielle, saugstarke Pads eingelegt und nach Gebrauch entsorgt werden können.
3. Funktionswäsche
Das „durchleitende Prinzip“ setzt auf synthetische Funktionskleidung: Das Hemd sollte dann aber sehr eng anliegen, damit der Schweiß auch wirklich weitergeleitet wird. Nachteil: Die Hemden riechen schnell, man muss sie also rasch waschen - aber auf keinen Fall mit normalem Waschmittel, sondern mit einem Spezialwaschmittel für synthetische Textilien, um ihre Funktionalität zu erhalten.
Wolle bietet zwar den höchsten Grad an Feuchtigkeitsaufnahme, ist im Sommer aber keine wirkliche Lösung, weil man in ihr auch sehr schnell schwitzt.
4. Deo mit Aluminiumchlorid (BfR: ungefährlich)
Handelsübliche Deos, die eine Wirksamkeit von bis zu 72 Stunden garantieren, verfehlen bei Vielschwitzern meistens ihre Wirkung. Gut hilft dagegen ein Antitranspiranz mit Aluminiumchlorid, das man höher dosiert ein- bis zweimal pro Woche aufträgt. Einen Tag vor- und nachher sollte man sich allerdings nicht die Achseln rasieren, weil es durch Mikroverletzungen in der Haut zu Reizungen kommen kann.
5. Was bei Deo zu beachten ist
Das Prinzip des Aluminiumchlorids ist einfach: Es verstopft die Schweißdrüsen und hemmt so den Schweißfluss. Die Drüsen bilden sich dann von allein zurück. Vor einigen Jahren ist Aluminiumchlorid in die Kritik geraten, weil es angeblich Brustkrebs oder Alzheimer auslöst. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) kam allerdings zu dem Schluss: Ein solcher Zusammenhang ist nicht belegt. Trotzdem floriert seitdem der Markt mit aluminiumfreien Deos, die dem Schweiß aber nicht wirklich zu Leibe rücken. Wenn man ein Deo wählt, sollte man die Sprüh- statt Rollversion wählen: In den Rollern können sich leicht Keime bilden. Ein Austauschen/Verleihen von Deo-Rollern ist unhygienisch und sollte unterbleiben.
6. Bei starken Schwitzen: cremen mit Bedacht
Tägliches Duschen ist nicht unbedingt nötig, jeden zweite Tag Duschen tut es auch. Trotzdem werden Starkschwitzer lieber einmal mehr als weniger duschen, und das ist auch in Ordnung. Auf Seife und Creme brauchen sie nicht zu verzichten, wobei sich die Auswahl der Hautcreme oft als schwierig gestaltet, weil sie das Schwitzen erst richtig auslösen kann. Hier gilt es, individuell auszuprobieren, ob und welche Creme einem „bekommt“.
7. Auf Heißes und Eiskaltes verzichten
Die Ernährung spielt beim Schwitzen keine große Rolle. Allerdings fördern heiße Suppen und Getränke das Schwitzen. Lieber sollte man Kaffee und Suppe deshalb lauwarm genießen. Auch eiskalte Getränke erwärmen den Körper: Sie kühlen zwar den Magen ab, dieser reagiert aber im Gegenzug mit dem Hochheizen der Körpertemperatur. Bei Alkohol bewirken geringe Mengen eine Aktivierung der Körpertemperatur, große Mengen betäuben hingegen die Nerven und damit auch den Schwitzimpuls. Trotzdem ist Alkohol gegen Hitzewallungen keine Lösung, weil die erforderliche Menge einfach zu groß wäre.
8. Gleitstrom für Füße oder Hände
Bei stark schwitzenden Händen oder Füßen kann die sogenannte Iontophorese angewandt werden. Dabei werden Hände und Füße regelmäßig in Wasser getaucht, durch die Gleitstrom fließt. Dies mindert die Aktivität der Schweißdrüsen. Die Kosten für ein Heimgerät werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen.
9. Kostspielige Variante 1: Thermotherapie
Sehr effektiv soll das seit 2014 im DHHZ durchgeführte Thermotherapieverfahren „Miradry“ sein. Es liefert Sofort-Ergebnisse ohne chirurgische Schnitte. Die Schweißdrüsen unter der Achsel werden dabei mit gezielter Energie (Mikrowellen) behandelt und durch die entstehende Hitze dauerhaft zerstört. Angenehmer Nebeneffekt: Auch die Achselbehaarung wird dauerhaft reduziert. Miradry zerstört die Schweißdrüsen in der Tiefe und kühlt derweil die obere Hautschicht, so dass diese unversehrt bleibt. Gleichzeitig werden die Geruchsdrüsen zerstört, so dass die Hautbakterien ohne Schweiß keinen unangenehmen Geruch mehr bilden können.
Da alle anderen Schweißdrüsen erhalten bleiben, kann der Körper überschüssige weiterhin kompensieren und absondern. In München wurden bislang rund 1.200 Patienten mit Miradry behandelt. 60 Prozent von ihnen kamen mit nur einer Behandlung aus. Ansonsten kann eine zweite Behandlung im Abstand von etwa drei Monaten stattfinden. Die Behandlungskosten – rund 1.400 Euro – übernehmen bislang aber weder gesetzliche Kasse noch private Versicherung.
10. Kostspielige Variante 2: Botox
Auch Botox (Botulinumtoxin A) ist eine scharfe Waffe gegen extremes Schwitzen. Es kann unter die Haut von Achseln, Hand- und Fußinnenflächen gespritzt werden und blockiert Nervenimpulse, die die Schweißdrüsen aktivieren. Der Behandlungserfolg hält allerdings nur etwa sechs Monate an und kostet 600 bis 800 Euro. Nur die privaten Krankenversicherungen bezahlen die Botox-Behandlung.
11. Letzte Option: OP gegen starkes Schwitzen
Weitere chirurgische Verfahren sind die sogenannte Sympathikusblockade oder die subkutane Schweißdrüsensaugkürettage, auch Achselsaugkürettage genannt. Über kleine Schnittzugänge wird die Haut von ihrer Rückseite her behandelt. Der Eingriff ist wenig belastend, sehr wirkungsvoll und kann mit Lokalanästhesie stattfinden, sollte aber – wie jeder operative Eingriff – nur als letzte Option einer Behandlung in Betracht kommen.
12. Kühlwesten
Immer mehr Kliniken und Pflegeheine in den Niederlanden und in der Schweiz bieten ihren Pflegekräften Kühlwesten an. Sie sind recht einfach in der Handhabung und erleichtern ganz besonders das Arbeiten mit Schutzausrüstung (PSA). In Deutschland sind sie bisher kaum verbreitet.
Autorin: Birgitta vom Lehn